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Mit dem Reichsdeputationsbeschluß am 24.3.1803 wird das bisherige Fürstbistum Osnabrück Teil des britannischen Königreiches Hannover. Das Fürstbischöflich Münster'sche Gebiet Südoldenburg fällt an das Großherzogtum Oldenburg. Da sich zu dieser Zeit Napoleon mit England im Krieg befindet, erhebt der Ansprüche auf Hannover.

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Diese Verhältnisse sind für den 26-jährigen Alexander Anlaß gewesen sich schnellstens aus dem Hannoverschen Sutthausen aus dem Staube zu machen. Weder für England noch für Frankreich wollte er in den Krieg ziehen. So verläßt er Sutthausen und zieht nach Norden ins Südoldenburgische. Ins Münsterland zu ziehen, wird ihm auch nicht klug erschienen sein: das war an Preußen gefallen und Preußen widersetzte sich dem Zugriff Frankreichs auf Hannover. Also auch da drohte Kriegsdienstpflicht.

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Vielleicht zog er aber auch nur ins Südoldenburgische, weil er sich mit der Absicht trug, eine Familie zu gründen- Und mit der wollte er sicherlich in Frieden leben. Es war aber zu dieser Zeit (1803) daß er die Elisabeth Kendeler aus Borgloh bei Osnabrück kennenlernte. Sie, geboren am 19.12.1776, bewegte ihn jedenfalls mehr, als die mögliche Heldenehre für das Vaterland. Und Kriegsdienst wollte er schon gar nicht tun.

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Alexander hatte das schon erwähnte Notizbuch mitgenommen. Dort notierte er mit Datum vom 13.2.1804 "Ich, Alexander Damian Uphues, bin heute auf der Harenburg beim Herrn von Quernheim in Dienst gegangen" - Übrigens: vielleicht war Alexander etwas abergläubisch, denn der 13.2. war ein Dienstag. Er begann seinen Dienst nicht an einem Montag, getreu dem alten Volksglauben, daß man montags keine neue Dienststelle antritt, weil das Unglück bringe.

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Mit der Entscheidung für die Arbeit auf der Harenburg im Südoldenburgischen, hatte der politische Flüchtling Alexander Damian Uphues versucht, wieder Ruhe in seine Lebensverhältnisse zu bringen. Und dieser Ort der Niederlassung war dafür geschickt gewählt. Das Rittergut der von Quernheim lag wenige Kilometer westlich von Neuenkirchen [ Südoldenburg genau an der Grenze zum damaligen Königreich Hannover auf Oldenburgischem Gebiet. Damit konnte er schnell wieder die Landesgrenzen wechseln, wenn er es für nötig hielt.

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1805 kamen dann wieder wichtige Entscheidungen auf ihn zu. Im Frühsommer wurde ihm und seiner Elisabeth wohl klar, daß sie ein Kind erwarteten. Das war in sehr unsicherer Zeit, in der es beide wohl vorgezogen hätten von keiner behördlichen oder kirchlichen Stelle erfaßt zu werden. Dann wurde im Vorfeld des Großen Krieges Hannover preußisch. Also war nun wenige Meter von Alexanders Arbeitsplatz entfernt bereits Preußisches Staatsgebiet und Preußen war interessiert seine Landeskinder (also auch Alexander) zum Militärdienst zu holen. Doch im Großherzogtum Oldenburg war er einstweilen vor den königlich-preußischen Eintreibern sicher. So konnte er es auch wagen am 15.10.1805 seine hochschwangere Elisabeth Kendeler in der katholischen Kirche zu Neuenkirchen zu heiraten. Gleich darauf zieht Elisabeth ohne Alexander, begleitet von Verwandten aus Borgloh über die Berge nach Süden, nach Westrup in den Poggemann'schen Kotten, um dort in den geordneten Familienverhältnissen ihres Mannes und in guter Pflege am 23.12.1805 ihre Tochter Anna Sophia Catharina Maria zur Welt zu bringen. Alexander muß aus politischen Gründen in Neuenkirchen bleiben.

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Im Frieden von Tilsit im Juni 1806 muß nach dem Sieg Napoleons über Preußen, dieses seine Gebiete westlich der Elbe an Frankreich abtreten. Und wieder geht Alexander auf die Flucht vor dem Militärdienst. Napoleon hatte seine neuen Herrschaftsverhältnisse so eingeteilt, daß die Harenburg weiterhin Grenzort aber auf kaiserlich-französischem Gebiet blieb. Südlich davon waren neue Rechtsverhältnisse in Anlehnung an die Rheinbundstaaten entstanden. Und dahin konnte Alexander sich nun noch wenden. Das sollte ihm aber auch ein Jahr Familienglück in Westrup schenken Dort hatte er sich in diesem einen Jahr nochmals beim Freiherrn Alexander von Stael als Gärtner verdingt, so daß er wirtschaftliche Sicherheit hatte. Aber das war eben auch nur ein Jahr, denn mit dem Tode des alten Herrn auf Sutthausen, tragen auch die alten Verhältnisse nicht mehr. So zieht er wieder los, um für sich und seine Familie neue Lebensmöglichkeiten zu suchen.

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So kommt er nun nach Süden ins Münsterland, das zu diesem Zeitpunkt zum Großherzogtum Berg gehörte. Hier im Rheinbund-Bereich wußte er sich zwar im Bereich von Frankreich - abhängiger staatlicher Ordnung, aber er wußte auch, daß er damit noch nicht in Frankreich war. So hoffte er auf sein Glück.

Nun hatte er auf der Suche nach einer möglichen sicheren Heimat gehört, es gebe in Sassenberg bei Warendorf vielen freien und billigen Wohnraum. Zwar sei das Leben dort von Armut geprägt, seit das dortige Schloß nicht mehr von Fürstlichen Herrschaften belebt war, aber - nun, vielleicht sollte er dort sein Glück probieren.

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So kommt Alexander Damian Uphues mit seiner inzwischen wieder schwangeren Frau Elisabeth und mit dem Töchterlein Sophia im Sommer 1807 nach Sassenberg und bewohnt dort zunächst das Nebenhaus der alten Burgmannsfamilie v.Schücking am Marktplatz Nr. 38. Dort wird am 11.12.1807 die zweite Tochter Catharina Maria Anna geboren.

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Seinen beruflichen Einstieg als Gärtner in Sassenberg findet Alexander beim Ferdinand Breuer, den Sohn des letzten Hofgärtners Ferdinand Breuer. Wo die beiden wirtschafteten und wie weit es für beide reichte, das entzieht sich unserer Kenntnis- Die Zeiten der Flucht und der Sorge gehen nun zu ende. Zwar muß Alexander weiterhin ganz wach für die politischen Entwicklungen bleiben, auch muß er jederzeit damit rechnen, daß er getreu seinem

Grundsatz, sich jedem Militärdienst zu entziehen - wieder vor dem Zugriff der Militärbehörden fliehen muß. Doch es gibt Hoffnung.

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In der Zeit von Alexanders Zuzug nach Sassenberg gründet Napoleon seinem Bruder das Königreich Westfalen. Damit wurde Westfalen ein französischer Sattelitenstaat. Und in dem fernen Preußen begannen nun die Jahre der großen Reformen. Die westfälischen Veränderungen mögen zunächst wieder Unruhe ins neue Heim in Sassenberg getragen haben. Aber sie erwiesen sich für Alexander ohne Konsequenzen. Nochmals wurde es in Sassenberg aufregend, als durch Senatskonsult des französischen Kaiserreiches am 13.12.1810 die nordwestdeutschen Teile Frankreichs wieder nach Süden ausgedehnt wurden, auf Kosten des Königreiches Westfalen. Nun lief die Grenze mitten durch Sassenberg entlang der Hessel (nördl. davon Frankreich; südl. Westfalen). Alexander fand sich über Nacht wenige Meter südlich dieser Grenze in Westfalen. Wieder lebte er nun an der Grenze. Nur dieses mal zog nicht er aus Überlegungen an die Grenze, sondern die kam gewissermaßen zu ihm! - bot sich ihm zur Sicherheit an. Es mag wohl ein Aufatmen durch das Haus am Marktplatz Nr. 38 gegangen sein - und es entspannte sich Vieles hier.

Man gewann langsam die Sicherheit, Geborgenheit und das Vertrauen in die Zukunft zurück, so daß Alexander sich 1812 mit dem Gedanken an Haus und Grunderwerb befassen konnte.

 

Aus:“ tho Uphusen“ von Klaus Uphues, 1997

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