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Alexander Damian Uphues
(1777 -1845)

Von den Urkräften seiner Lebensgestaltung

Wäre Alexander in seiner traditionsgeprägten Umgebung geblieben, dann wäre er in der Leibeigenschaft verblieben, hätte als Gärtner auf Schloß Sutthausen sein Geld verdient, er hätte gedient bis zu seinem Tode.

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Aber es fällt schon früh auf, daß er nicht dienen kann. In ihm lebt ein ganz starker Persönlichkeitskern. Alle tradierenden Kräfte seiner Umgebung - und die wirken schwer - können ihn nicht binden. Das Ichhafte - gleichsam wie aus einem früheren Erdenleben drängend - bleibt stärker, schafft sich, eingebunden in eine stark erlebte kosmisch-rhythmische Ordnung, kräftig Raum.

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Diese innere Kraft treibt ihn bald in die Heimatlosigkeit. Zunächst wandert er vornehmlich im Winter über Land, um Pflanzen, Kräuter, Samen und Salben aus der Sutthausener Schloßgärtnerei mit manchem guten Rat zu verkaufen. Dabei erfährt er nicht nur die weiten Wege, sondern auch die seiner eigenen Gedanken.

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Er bemerkt das Unheile seiner Zeit, sieht Krankheit, Armut und Krieg. Und vor diesem Krieg, vor dem Kriegsdienst, vor politischer Macht, begibt er sich auf die Flucht. Die Heimatlosigkeit wächst, das Erleben des Unheilen seiner Zeit steigert sich in seiner Seele. Bis zu seiner Lebensmitte bleibt er ein Heimatloser - und aus dieser Not wächst in ihm der Wille, Heimat zu finden. Aus dieser Kraft kann er in dem armseligen, engherzigen Sassenberg finden, was er sucht.

Und das Erleben des Unheilen seiner Zeit, seiner Umgebung - auch in Sassenberg - wird ihm zur Schule seines Heiler-willens.

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Der Wille zu heilen braucht Erkenntnis. Aus starker Ichhaftigkeit entwickelt er schon früh seine eigenen Gedanken zur Überwindung der krankmachenden Verhältnisse in seinem sozialen Umfeld, wie auch im einzelnen Menschen. Es scheint, als habe er die Kräfte alter Seher in sich erlebt, als könnte er sie aufrufen zu seinem Heilewillen. Wie lebensbestimmend diese Kraft in ihm war, zeigt die Konsequenz seines Denkens bis hin zu dem Punkt, daß er sich den Beinamen Damian gab. Alexander wurde er gerufen, und als in der Nachfolge des Heiligen Damian, des Schutzpatrons der Apotheker, stehend, erlebte er sich.

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Heimatwille, Heilkraft und Erkenntnis - das waren die Urkräfte für seine Lebensgestaltung ganz aus dem Eigenen heraus, abseits aller tradierter Bahnen. Das kostete Kraft, und vielleicht verbrauchte es seine physischen

Kräfte schon früh. Aber sein Geist war wach bis zur letzten Stunde seines Erdenlebens, und er wirkte bis weit über seinen Tod hinaus in den Herzen derer, die ihn gekannt hatten.

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In Alexander erleben wir ein erstes Aufleuchten der Kräfte eigenständiger Individualität in der Reihe unserer Vorväter. Seine Nachfahren ehrten ihn auch indem sie immer wieder eines ihrer Kinder nach ihm benannten.

Elisabeth Kendeler geht den in damaliger Zeit sicherlich besonders schwierigen Weg der Heimatlosigkeit ihres Mannes mit. In den Jahren innerdeutscher Flucht vor den Häschern des Militärs der verschiedenen Parteien, versteckt auf der Harenburg bei Neuenkirchen I Südoldenburg, wird Elisabeth schwanger. Ihren Mann muß sie auf der Harenburg zurücklassen, als sie im Sommer 1805 über die Berge nach Süden zieht zur Schwiegermutter nach Westrup. Alexander weiß, daß die Mutter sie wohl aufnehmen werde, daß seine Elisabeth dort in Ruhe das Kind austragen kann.

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Nach Borgloh zu ihrer Familie kann Elisabeth nicht gehen. Die großbäuerlichen Verhältnisse dort hätten das eigentlich ermöglichen sollen. Aber - dem war nicht so!

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Elisabeths Vater war auf Kendelers Hof Öhm an de Müer. Sein Bruder Johannes Heinrich hatte den Hof geerbt. Der andere Bruder, David Henrich, hatte die Erbtochter Maria Gertrud Schürmann geheiratet und den Mencke-Hof zu Borgloh, Erbe von seiner Mutter, hinzubekommen.

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Es waren also eigentlich recht wohlhabende Verhältnisse in Borgloh, in denen Elisabeth in so schwieriger Zeit Aufnahme und Beköstigung hätte erhalten können. Doch vielleicht wollten die jungen Uphues diese Verbindung nicht nutzen, um behördlicher Beobachtung besser entgehen zu können. Die Kendelers waren der Landesherrschaft zu Osnabrück hörig, leicht hätte also der Vogt die Uphues' ausfindig machen können. Der Vogt war eben auch zuständig für die Aushebung der Soldaten.

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So zog Elisabeth zu ihrer Schwiegermutter nach Westrup. Poggemanns Kotten lag sicher im Wahrnehmungskreis des Schloßherrn, doch der hielt seine gutsherrliche Hand über Allem. Und kein Vogt der Landesherrschaft hatte hier etwas auszurichten.

 

Elisabeth Kendeler war nicht nur jetzt im Spätsommer 1805 mit ihrer Eheschließung eine Uphues geworden, sie wurde es noch ein zweites Mal, als sie im Uphues'schen Familienkreis zu Westrup ihr erstes Kind zur Welt brachte. Ein zweites Mal ist sie schwanger, als die Eltern im Sommer 1807 nach Sassenberg ziehen.

Aus:“ tho Uphusen“ von Klaus Uphues, 1997

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